Betrifft: Ihr Offener Brief
an den syrischen Staats-Präsidente Baschar al-Assad
Sehr geehrter Herr David
Grossman,
wir Freidenker, die voller
Respekt und Vergnügen Ihr humanistisches Wirken als Schriftsteller schätzen,
ersuchen Sie dringlich, insbesondere auch als Kinder- und Jugendbuchautor, Ihre
Unterschrift unter den o.g. Offenen Brief des Börsenvereins zurückzuziehen.
Begründung:
Wir werten den Brief des
Deutschen Börsenvereins und der sogenannten Vereinigung der Schriftsteller für
den Frieden insbesondere des militarisierten Duktus und hinsichtlich des quasi
Ultimatums an den Präsidenten Syriens zum Rücktritt und Verlassen des Landes
inhaltlich als völkerrechtswidrig, propagandistisch verpackt, aber auch als anmaßend.
Es ist für uns als Freidenker
wie für jeden Humanisten absolut inakzeptabel die Ermordung eines
Staatspräsidenten wie Gadaffi als historisch beispielgebendes Ereignis
auszulegen und als mögliches Schicksal indirekt zu akzeptieren. Solche Maßgaben
finden unsere Verurteilung.
Der Brief mit seinen Mord-
und Kriegsoptionen stellt eine Negierung der Rechte und des Willens der
Mehrheit der Syrer dar, die eins wollen: eine Lösung hin zum Frieden und zwar
über einen selbstbestimmten Dialog.
Die Mehrheit der Syrer hat
sich bei dem von Präsident Assad in die Wege geleiteten Referendum eindeutig
dafür ausgesprochen.
Es ist verbreitetes Wissen,
der „Syrische Nationalrat“ lehnt jeden Dialog ab. Nicht Präsident Assad steht
einem Dialog im Wege, die Kräfte, die auf eine militärische Konfrontation setzen
und mit bestialischen Mitteln darauf hinzielen, sind es, die eine Lösung der
nationalen Einheit blockieren.
Die westliche Einmischung,
und infame Anmaßung wie sie durch den Brief des Börsenvereins erfolgt,
ignoriert die Willensäußerung der Syrer, verstärkt aber die von außen
gesteuerten Vorstellungen des Westens, vielfach formuliert von H. Clinton,
sowie europäischen Politikern und Regierungen nach Regime Change.
Todesschwadrone, beauftragt und ausgerüstet von der NATO und damit auch von der
Bundesregierung unseres Landes, ziehen in Syrien durchs Land, das
Kopfabschneiden mit dem Messer ist eine ihrer perfiden „Freiheitshandlungen“.
Journalisten werden von der „FSA“ entführt und ermordet. Ströme von Blut, Angst
und Chaos schon jetzt in Syrien, angerichtet von denen, mit denen die
Unterzeichner des Briefes sich gemein machen. Dem können Sie, lieber David
Grossman, unmöglich fortgesetzt Zustimmung geben.
Die Forderungen und
Gedankengänge in dem Offenen Brief sind nicht friedensstiftend. In letzter
Konsequenz - würden die Aufforderungen des Briefes zur Realität - muss mit
einer Verstärkung des Chaos, wie es jetzt in Libyen zu beklagen ist, auch in
Syrien gerechnet werden. Der Ausverkauf des Landes an Multikonzerne ist
immanente Folge.
Die Erfahrung von Libyen, die
Zunahme von Vertreibung, Tod und Leid stehen vielen Syrern vor Augen. Libyen
kann nicht vergessen sein, haben Sie den Blick da verloren? Die Forderungen des Offenen Briefes
beinhalten Wiederholungen von verbrecherischen Machenschaften – ein Muster, das
nicht zum Modell erhoben werden darf.
Sie wissen: Regime Changes
werden im wirtschaftlichen und machtpolitischen Interesse des Westens
vorgenommen, in Zusammenarbeit mit ausländischen und einheimischen Profiteuren
mit Mitteln von Geheimdiensten, Stiftungen und suspekten
Nichtregierungsorganisationen.
Es geht dabei auch immer um
einen Kampf um die Köpfe und Herzen der Intellektuellen.
Die Erfahrung lehrt: Regime Changes von außen und deren langfristige
Planung in den Zentren der Macht dienen nicht den Interessen der Bevölkerung
nach sozialen und demokratischen Verbesserungen.
Diese Politik kostete bereits
Millionen Menschenleben in Afghanistan, Irak, Pakistan, Libanon, Palästina,
Somalia, Sudan, Libyen...nun Syrien und dann Iran? Und dann weiter nach Russland?
All dies ist sichtbar, im
Wissen darum können Sie Ihre Unterschrift nicht aufrechterhalten. Ziehen Sie
bitte Ihre Unterschrift zurück! Dies ist in unseren Augen die einzige
Konsequenz, die mit Ihrer persönlichen humanistischen Haltung wirklich übereinstimmt
und die über eine unschätzbare völkerrechtliche Basis verfügt.
Als Lehre aus den beiden
Weltkriegen und dem schweren Kampf um Entkolonialisierung, sollte das
Völkerrecht eigentlich von jedem Humanisten heute als vorrangiger Wert
verteidigt werden.
In der UNO-Charta ist
niedergelegt die Souveränität der Staaten, das Selbstbestimmungsrecht der
Völker und vor allen Dingen das Verbot der militärischen Intervention.
Sich daran zu orientieren und
daran festzuhalten, schützt vor politisch instrumentalisierten
Alternativvorschlägen wie sie der Offene Brief vornimmt. (Lesen Sie bitte
hierzu auch die Freidenker-Petition an den Deutschen Bundestag: www.freidenker.org )
Wir bitten Sie als
friedliebenden Menschen sich den diplomatischen, völkerrechtskonformen Lösungen
anzuschließen wie sie von Kofi Annan, der Arabischen Liga, China und Russland
und vielen anderen Staaten der Nichtpaktgebundenen Länder initiiert und
gefordert werden und die im Gegensatz zu den Aufforderungen des Offenen Briefes
stehen.
Einer Ihrer Essaybände trägt
den Titel DIE KRAFT ZUR KORREKTUR. Alfred Grosser hat die Kraft zur Korrektur
bereits aufgebracht und seine Unterschrift zurückgezogen. (siehe www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=18550)
Die Rücknahme Ihrer
Unterschrift dient einer friedlichen Konfliktlösung in Syrien und entspricht in
unseren Augen eigentlich objektiv Ihrer humanistischen Grundüberzeugung.
Mit diesem Wunsch verbleiben wir
mit freundlichen Grüßen
LV Berlin des Dt. Freidenker-Verbandes