DDR-Rückblick
Gedanken zum Film „
Der Turm“ und der DDR von Hans Springstein am 7.Oktober 2012
Nachdem ich dem
zweiteiligen TV-Film "Der Turm" gesehen habe und weil am heutigen
7. Oktober 2012 vor
63 Jahren die DDR gegründet wurde, habe ich folgende Gedanken
dazu
aufgeschrieben:
Ich kenne das Buch
(noch) nicht, auch wenn es in meinem Regal steht. Ich fand den
Film nicht
schlecht, zumindest nicht so plump wie die unsägliche Serie
"Weißensee".
Manches war zu
platt, gerade bei den Dialogen, in denen oft unbedingt Symbolisches
über die DDR gesagt
werden musste, wie das über die nicht geweinten Tränen über die
Flüchtlinge 1989,
was so nur im Neuen Deutschland stand damals. Manches war passend,
manches ungenau.
Mich störten u.a. nicht korrekte Details, wie in jeden Film. In
diesem war es u.a.,
dass Christian als Unteroffizier erst wie ein normaler "Mot. Schütze"
diente und dann gar
nach dem Militärknast in Schwedt wieder Unteroffizier war, als er
"nachdienen"
musste. Also wer nach Schwedt kam, wurde zu allererst degradiert und
durfte dann nur
noch Soldat sein, kam max. bis zum Gefreiten. Und Unteroffiziere, die
als normale
Soldaten, als "MOSis" ihren Dienst leisten mussten, die gab es nur
beim
Wachregiment Feliks
Dzierzynski des MfS. Aber das sind nur Details.
Die NVA war auch
von ihrer internen Atmosphäre samt der gegenseitigen Misshandlungen
nicht besser und
schlechter als jede andere Wehrpflichtarmee dieser Welt. Das
nun unbedingt als
Symbol für den bösen "Militarismus" der DDR zu nehmen, für den
Kasernencharakter
des Landes, halte ich für gewagt. Aber das geht vielleicht nur solchen
wie mir so, die wie
Film-Christian 1965 geboren wurden und das DDR-Land fast
25 Jahre erlebten.
Nach dem 1. Teil
habe ich einem Kollegen sinngemäß gesagt: Für mich gibt es kein
Besser oder
Schlechter im Rückblick und Vergleich mit heute. Ich habe das ganze pralle
Leben der DDR
erlebt, samt Ja zum Sozialismus und Einstufung als "Parteifeind" mit
allen Folgen. Ich
wollte nicht die DDR beseitigen, als ich mich im Herbst 1989 engagierte.
Ich wollte wie
manch Andere dieses Land verändern, aber nicht einfach per Grenzöffnung
in den Westen. Ich
erlebe das pralle Leben der vereinheitlichten Bundesrepublik
mit allem was dazu
gehört, samt Arbeitslosigkeit und Existenzangst, Meinungsfreiheit
und "Diktatur
des Profits" (Viviane Forrester). Ich habe versucht, mich zu engagieren
und das irgendwann
aufgegeben, weil ich zwar sagen kann, was ich will (auch in
Grenzen), aber
nichts zu sagen habe und bewirken kann, nicht mal im Kleinen, sprich
kommunalen Bereich.
Mein Fazit: Es war früher in der DDR nicht besser oder schlechter,
es ist heute nicht
besser oder schlechter. Es war und ist nur anders. Aber eines sage
ich Jedem, der es
hören will oder auch nicht: In der DDR hatte ich keine Existenzangst.
Da konnte ich
selbst als Parteifeind, der nicht mehr studieren durfte, mit meiner
Hände Arbeit meine
Familie ernähren. Existenzangst habe ich erst nach dem Mauerfall
erlebt, infolge von
Arbeitslosigkeit.
Wie auch immer. Das
ist nur meine Sicht aufgrund meiner Lebenserfahrung. Mich regen
nur Pauschalurteile
auf. Aber das hat wohl eben was mit dem Alter und unterschiedlichen
Erlebnissen zu tun.
Passenderweise hörte ich am 4. Oktober, einen Tag nach dem
2. Teil des Filmes,
beim Frühstück im Radio eine Reportage aus dem Heute von alten
Menschen, die von
der Rente nicht leben können. Einer von ihnen sagte sinngemäß ins
Mikro: Wenn Du Dir
kein Buch mehr kaufen kannst, weißt Du, dass Du arm bist. Da
fragte ich mich,
auf welchen Mauerfall der Mann warten muss ...
Noch eines dazu,
was mir bei dem Thema auch immer durch den Kopf geht: 1992 erlebte
ich auf der
Leipziger Buchmesse den polnischen Schriftsteller Andrzej Szczypiorski,
der zu den
"Dissidenten" zählte. Er erzählte, wie er nach dem er sich wieder in
Polen frei bewegen
durfte ab 1989, durchs Land reiste und den Menschen von der
Freiheit
berichtete. Da sei ihm oftmals von den Menschen geantwortet worden, er solle
ihnen nichts von
Freiheit erzählen. Früher hätten sie gewusst, dass sie von ihrer Arbeit
leben könnten, was
in der Freiheit nicht mehr der Fall sei. Da habe bei ihm zumindest
dazu geführt, dass
er erkannt habe, wie relativ das mit der Freiheit ist.
Meine Worte hier
geben nur meine ganz persönliche Sicht wieder. Und solch ein Film
kann wie auch ein
Buch am Ende nur ein Teil dessen einfangen und wiedergeben, was
gewesen ist, dabei
Dichtung und Wahrheit wie immer vermischt. Die DDR und die einzelnen
Geschichten aus
diesem Land und diesem Leben dort sind sicher noch nicht aus
erzählt.
Vielleicht ist es
nach dem "Turm" und all den Büchern von ehemaligen Funktionärs- und
Bonzenkindern und
Offiziers- und Politikerbiographien Zeit für ein Buch über "Die
Ebene",
das ganz normale,
gewöhnliche Leben in der DDR, ohne christliche Ärzte, diktatorische
Möchtegern-Kommunisten
und freiheitsliebende Kinder, die ihre Mutter vor prügelnden
Bereitschaftspolizisten
retten wollen ... Oder wurde solch eine Geschichte
schon erzählt und
geschrieben?
Ja, und eigentlich
wäre es auch Zeit für ein Buch, einen Film oder was auch immer, was
in der DDR-Zeit
spielt, die ohne Flucht oder Fluchtversuch auskommen ... Das darf
nicht persönlich
genommen werden und ist auch so nicht gemeint. Es ist nur so, dass
diese Geschichten
schon so oft erzählt wurden. Die Tragik einer jeden dieser Geschichten
stelle ich nicht in
Abrede.
Das scheint das
Problem zu sein bei solchen Büchern und Filmen: Statt Geschichten zu
erzählen, wollen
bzw. sollen sie immer Geschichte machen. Was in der DDR spielt,
muss heute immer
alles, die ganze Geschichte miterzählen. Die Ideologen aus dem
DDR-Kulturministerium
und in der dem übergeordneten ZK-Abteilung hätten ihre wahre
Freude daran, wie
konsequent die von ihnen angewandten Prinzipien heute immer noch
wirken ... Wie
heißt es im Film doch so passend: Es geht immer nur um Macht. Das eine
sind die
Geschichten, die die Kunst mit ihren Mitteln erzählen kann, dass andere die
individuellen
Geschichten, die auch des Aufhebens wert sind nach dem Prinzip von
Wolfgang Herzbergs
Buch "So war es".
Von der
ideologischen Grundierung des Films "Der Turm" zeugen mehrere Dinge.
Das
geht los beim
Sendetermin und endet bei der dazu gesendeten Dokumentation. Ein Beleg
sind die vielen
kleinen Szenen in beiden Teilen, in denen unbedingt Symbolisches
über die DDR gesagt
oder gezeigt werden musste, was nie etwas Gutes oder einfach
normal Positives
war.
Mögen die
Filmemacher unideologisch rangegangen sein, wie manche meinen, so haben
die Produzenten,
Senderredakteure und Auftraggeber schon dafür gesorgt, dass
die
"richtigen" Botschaften gezeigt und vermittelt werden. Alles andere
wäre auch verwunderlich.
Das wäre ja nicht
mal in der DDR anders gelaufen ...
Es geht auch mit
solchen Filmen weiter darum, die DDR zu delegitimieren, wie Klaus
Kinkel 1991 schon forderte (siehe DRiZ,Heft 1/1992,S.4), mit
allen Mitteln, gerade auch
denen der Kunst, um
auch noch jede kleine positive Erinnerung zu erdrücken. Es geht
um die Deutungshoheit der Geschichte. Der Historiker Jörn Schütrumpf schrieb im
Weltbühne-Nachfolger
Das Blättchen: "In der Frage der DDR-Geschichte und der DDRBiographien
sehen sich viele
Ostdeutsche schon seit Jahren in die SED-Zeiten zurückversetzt.
Sie glauben nur
einem einzigen: sich selbst. Das war vor 1989 nicht anders. "
Da die passenden
Zitate von Hans Ulrich Wehler und Klaus Kinkel online kaum verfügbar
sind, seien sie
hier angeführt, auch damit sie nicht in Vergessenheit geraten:
Wehler schreibt mit
Verweis auf ein Zitat von Stefan Heym von dem "Faktum: Die kurzlebige
DDR, sie war nur
'eine Fußnote der Weltgeschichte'. " (Deutsche Gesellschaftsgeschichte,
Bd. 6, S. 361)
Klaus Kinkel sagte
auf dem 15. Deutschen Richtertag am 23. September 1991 in Köln:
"Wir hatten
das Glück und die Chance, nach 1945 unser Land wirtschaftlich, den
Rechtsstaat in Freiheit
aufbauen zu können.
Sie, meine Damen
und Herren, haben als Richter und Staatsanwälte bei dem was noch
auf uns zukommt,
eine ganz besondere Aufgabe. Es wird sehr darauf ankommen, wie
die in allen
Rechtsbereichen auf die Gerichte zukommenden Fragen behandelt werden,
ob es vor allem
auch gelingen wird, die für die Einheit so wichtige Akzeptanz der gerichtlichen
Entscheidungen bei
den Menschen zu erreichen. Davon hängt ab, ob der
Rechtsstaat in den
Augen der Bevölkerung in der Lage ist, mit dem fertig zu werden,
was uns das
vierzigjährige Unrechtsregime in der früheren DDR hinterlassen hat. Und
in manchem müssen
wir sehr aufpassen, dass uns nicht wieder später gesagt werden
muss, wir hätten
verdrängt, versagt, zu spät gehandelt.
Ich weiß sehr wohl,
dass die Gerichte nicht allein leisten können, was aufzuarbeiten ist.
Aber einen
wesentlichen Teil müssen Sie leisten, alternativlos. Ich baue auf die deutsche
Justiz. Es muß
gelingen, das SED-System zu delegitimieren, das bis zum bitteren
Ende seine
Rechtfertigung aus antifaschistischer Gesinnung, angeblich höheren Werten
und behaupteter
absoluter Humanität hergeleitet hat, während es unter dem Deckmantel
des Marxismus -
Leninismus einen Staat aufbaute, der in weiten Bereichen genauso
unmenschlich und
schrecklich war wie das faschistische Deutschland, das man
bekämpfte und — zu
Recht — nie mehr wieder entstehen lassen wollte. Es muss gelingen,
auch die
schreckliche, STASI-Vergangenheit zu entmystifizieren, um die Menschen,
angstfrei zu
machen. “ (Deutsche Richterzeitung, Heft 1/1992, S. 4)
Mit Blick auf
Wehler, Kinkel und Co. muss ich noch hinzufügen: Was war muss von
dem, das es ablöst,
immer schlecht gemacht werden, im Rückblick auch verschlimmert
werden, damit auch
noch jede gute Erinnerung an das Gewesene verblasst. Der Fall
DDR zeigt, dass
dabei aber nicht immer mit gleichem Maß gemessen wird: "In den frühen
Jahren der
Bundesrepublik war also das Parteibuch der NSDAP geradezu Voraussetzung
für den Einstieg in
den Öffentlichen Dienst." das stellt der Strafrechtler Ingo
Müller in einem
Gespräch fest, das die Zeitschrift konkret im Heft 6/12 abgedruckt hat.
Müller stellt auch
fest, "daß es Anfang der fünfziger Jahre zu einer regelrechten
Renazifizierung
kam ". Der
Frieden mit den Nazi-Tätern sei auf dem Rücken der Opfer geschlossen
worden. Mit der DDR
wird anders verfahren. Dafür sorgt schon der weiter
wirkende
Antikommunismus in der Bundesrepublik, der laut Müller "der gleiche wie im
'Dritten
Reich'" war ... "
Und noch etwas sei
grundsätzlicherweise zum Thema hinzugefügt: Fakt ist, der DDR
wird von der
herrschenden Klasse der Bundesrepublik ein "Verbrechen" für alle
Zeiten
übel genommen. Sie
hat bzw. mit ihr wurden die Eigentumsverhältnisse auf deutschem
Boden für rund 40
Jahre grundlegend verändert. Das hatten sich nicht einmal die deutschen
Faschisten getraut.
Dafür wird die DDR weiter beschimpft, verleumdet, wird ihre
Realität
schwarz-weiß gesehen und dargestellt.
Lothar de Maiziere
erklärte am 3. August 2008 dem Tagesspiegel: "Es entsteht immer
dieses Schwarz- Weiß-Schema.
Es gab in der DDR vielleicht zwei Prozent Opfer und
vielleicht drei
Prozent Täter. Und 95 Prozent waren Volk. Die wollten auch gar nichts
anderes sein,
wollten für sich und ihre Familie das Beste aus ihrem Leben machen. Im
Nachhinein aber
wird die DDR-Bevölkerung eingeteilt in Täter und Opfer. Nun müssen
die Leute alle
sehen, wie sie auf das Opfer-Ufer kommen, weil sie sonst alle zu den Tätern
gerechnet werden.
Sie müssen ihre Widerstandsgeschichten erzählen und wie oft
sie die Faust in
der Hosentasche geballt haben. Aber sie waren weder das eine noch
das andere."
Zu Schluss noch ein
passendes Zitat zu einem interessanten Buch, nämlich von Detlef
Nakath /
Gerd-Rüdiger Stephan: "Countdown zur deutschen Einheit - Eine
dokumentierte
Geschichte der
deutsch-deutschen Beziehungen 1987-1990", das "im allgemeinen
mit Nichtachtung
gestraft" wurde: "Das hat natürlich seinen Grund, denn die aus dem
Archiv der SED und
dem der DDR-Regierung entnommenen Dokumente zeichnen leidenschaftslos
ein Bild von der
anfänglichen schmeichelnden Anbiederung bei den
DDR-Gewaltigen (wo
u. a. der später so verteufelte OibE Schalck-Golodkowski vom
baden-württembergischen
Ministerpräsidenten Späth über CDU-interne Machtkämpfe
informiert wurde /
Dok. 34 / ) bis zu der endlichen Siegermentalität selbst gegenüber
dem frei gewählten
DDR-Ministerpräsidenten de Maizière (Kohl an diesen am 31. 5. 90:
„Schließlich möchte
ich daran erinnern, daß wir beide abgesprochen hatten ... “ / Dok.
71 / ).
In vier Kapiteln
(1987 bis 1988: Vorbereitung auf das Ungewisse; Frühjahr bis Herbst
1989: Krise ohne
Ausweg; Herbst 1989 bis Frühjahr 1990: „Deutschland, einig Vaterland“;
Frühjahr bis Herbst
1990: Eilmarsch zur Einheit. Zu jedem Kapitel gibt es vorweg
einen
sachlich-nüchternen Kommentar) präsentieren die Herausgeber insgesamt 90
Dokumente, bei
deren Studium man recht gut versteht, weshalb die DDR grundsätzlich
- wie es Kinkel
1991 unverblümt ausdrückte - „delegitimiert“ werden muss: Wenn man
es nicht mit einem
Völkerrechtssubjekt zu tun hatte, dann war ihm gegenüber natürlich
in politischen
Verhandlungen und Absprachen jeder Lug und Trug ebenso wie jeder
Wortbruch
gerechtfertigt. So äußerte Genscher z. B. in einem Gespräch mit dem prominenten
ZK-Mitglied Otto
Reinhold am 26. 8. 1988 in seinem Bonner Ministerbüro jenem
gegenüber, dass er
im Gegensatz zu solchen westlichen Politikern und Vordenkern, die
sich von einer
Destabilisierung der sozialistischen Länder Vorteile für den Westen erhofften,
persönlich der
Ansicht sei, Stabilität und positive wirtschaftliche Entwicklung im
Realsozialismus
brächten viel bessere Voraussetzungen „für ernsthafte Schritte auf
dem Weg zu einem
europäischen Haus“ / Dok. 19 / ... - eine Ansicht, die er dann ein
Jahr später
erfolgreich zu verdrängen vermochte. Beispiele solcher Art bringt die
Dokumentenauswahl
zuhauf, und es
lohnt sich, sie zur Kenntnis zu nehmen.
Aus deren Fülle
soll noch eines herausgehoben werden: Als Modrow bei seinem Regierungsbesuch
in Bonn am 13./14.
2. 1990 dem Bundeskanzler in einem Gespräch unter
vier Augen nahe
legte, bei der absehbaren Vereinigung beider deutscher Staaten mit
Bedacht vorzugehen;
es könne sich nicht um einen Anschluss der DDR an die BRD
handeln; die DDR
habe schließlich Wesentliches in den einheitlichen Staat einzubringen
- da stimmte Kohl
dem ausdrücklich zu: Er wende sich gegen einen Anschluss der
DDR, 40 Jahre DDR
seien eine Realität, es gehe um gegenseitige Rücksichtnahme,
man müsse
vernünftig aufeinander zu gehen! / Dok. 63 /." (Quelle)
“Der Turm” oder wie
man mit Teilwahrheiten lügen kann. HaBEs Offener Brief an Liefers
und Sodann,
veröffentlicht am 5. Oktober 2012, von Hartmut Barth-Engelbart
Nachtgedanken-Splitter
unterm Turm
(es fehlen noch
etwas Rechtschreibung, die Links zur “Luftbrücke”, zum Schuldbekenntnis1&
2 “Ein bisschen kam
die Wende durch meine Kinderhände..” (siehe unten)
und weitere
Fotocollagen und -montagen zum Großdeutschen-Anschluss bei dem das
Wartheland, das
Baltikum, das Sudetenland Böhmen und Mähren sowie Österreich bisher
noch fehlen – aber
der zweite Versuch zur Neuordnung Europas macht doch schon
erfreuliche
Fortschritte
Seit 1968 bis 1989
hatte ich DDR-Einreiseverbot. Beginn
dieses auch für die
restlichen RGW-Staaten geltende Verbot, war mein Ausschluss
von der Teilnahme
an den Weltjugendfestspielen in Sofia. Mein Vergehen: ich hatte als
“ausgewiesener
Antikommunist” in Frankfurt als Mitglied des Bundesvorstandes der
Unabhängigen
sozialistischen SchülerInnen (AUSS) eine Demonstration gegen den
Einmarsch der
Warschauer Pakt-Truppen in die CSSR organisiert.
Seit 1948 war ich
regelmäßig jährlich zum Durchfüttern einige Monate in der SBZ und
ab 1949 in der DDR.
Als 8. Kind einer evangelisch/evangelikalen verpreußten Beamtenfamilie
mit
verwandtschaftlichen Beziehungen ins Führerhauptquartier (die ich erst vor 6
Jahren
recherchieren konnte).
Durchgefüttert hat
mich eine mittel-großbäuerliche Familie in der Nähe der Bachstadt
Köthen, mit
Portrait des großen Fritz im Hausflur, bekennende Protestanten. Hier habe
ich im
Kindergarten, in der dörflichen Volksschule, für den freien Westen geworben,
Adenauer hochleben
lassen, wenn Piek und Grotewohl angesagt waren, aus den noch
nicht
kollektivierten Kartoffelfeldern die Käfer abgesammelt und sie auf den LPG -
Feldern
verteilt,
Unkrautsamen gesammelt und ihn beim Drillen heimlich ins LPG-Korn gestreut
– oft zusammen mit
meinen Geschwistern .LPG-Mais zertrampelt und nicht etwa
wegen Hunger
gemundraubt. Und wir waren dabei recht sicher, dass die Russen
keine Flugzeuge
hatten, um uns zu überwachen .. die Vopo erst recht nicht…
Natürlich wussten
wir von Onkel und Tanten, dass große Teile der Ernte in die UdSSR
gebracht wurden ….
Die zu Kleinbauern
gemachten Kriegsheimkehrer und Landarbeiter (“Junkerland in
Bauernhand”)
konnten von den kleinen Parzellen so auf Dauer nicht überleben.. sie waren
die Ersten, die
sich der LPG anschlossen, nur noch einen kleinen Acker hinterm
Haus, Hühner und
vielleicht noch einen kleinen Schweinestall als Selbstversorger behielten
und den
Bauerngarten.
Natürlich war das
im Arbeiter- und Bauern-Paradies kein Paradies … es war harte Arbeit
… aber noch 1989
sagte mir mein Onkel auf die Frage, ob er jetzt Neueinrichter
werden wolle, laut
auflachend: ”das Beste was ich machen konnte, war in die LPG zu
gehen: regelmäßiger
Urlaub, regelmäßiger Lohn, geregelte Arbeitszeiten, Gesundheitsversorgung,
Kinderkrippe und
Kindergarten …Bücherei, Theater, Musik, …. Neueinrichter
? Ich bin doch
nicht hirnverbrannt, ich sehe doch was aus euren Bauern im Westen
wird.” …. der Alte
Fritz hing immer noch im Flur …
Für evangelische
Bildungsbürger in Dresden, die sich nicht gerührt hatten, als neben
dem “Petersdom” der
Deutschen Nazi-Christen, neben der Frauenkirche die Synagoge
in Flammen aufging,
als Viktor Klemperer keinen steinwurfweit von der Frauenkirche
entfernt von der
GESTAPO eingekerkert wurde .. für die war die DDR, der Arbeiter- und
Bauernstaat
materiell viel eher ein Paradies (verglichen mit den sonst herrschenden
Lebensbedingungen
im Land). Natürlich waren sie weniger gut bezahlt als ihre KollegInnen
im Westen.
Für evangelische
Bildungsbürger, die erst Mal abwarteten, als die Nazis die Gewerkschaftshäuser,
die Parteibüros der
Kommunisten und Sozialdemokraten besetzten, die
KPDler und viele
SPDler in die KZs verschleppten, hinrichteten , die zum Teil dem auch
zustimmten, sich
daran beteiligten, die später die Euthanasie mit organisierten, für solche
evangelischen
Bildungsbürger war die Schwester von Walther Benjamin dann das
geeignete
Projektionsziel: sie die sie Freissler bis kurz vor dem Ende noch zumindest
mit Stillschweigen
gestützt haben, die setzten jetzt Freissler mit Hilde Benjamin gleich.
Ist ja auch nicht
zu toppen: eine aus einer intellektuellen jüdischen Familie stammende
DDR-Justizministerin,
da wurde jeder verurteilten Nazi-Kriegsverbrecher und seine Helfershelfern
sofort zum “Opfer
des Stalinismus”.
Hätte sich Hilde
Benjamin wie ihr Bruder von den Nazis in den Tod treiben lassen, man
würde heute
vielleicht Plätze nach ihr benennen, naja, Straßen wenigstens oder eine
Schule oder eine
Leihbücherei. Aber doch eher nicht, weil auch Tote zu dem noch jüdisch
sozialisierte
Kommunistinnen sind heute schon wieder nicht mehr “ehrwürdig” .
Ziel der
West-Alliierten war es die Staaten des Warschauer Paktes tot zu rüsten. Das ist
ihnen gelungen.
Rüstung vor Versorgung, das sollte zu sozialen Unruhen führen, die zu
nutzen wären.
Es war auf die
Dauer volkswirtschaftlich unmöglich die ausreichende Versorgung der
Bevölkerung zu
gewährleisten und zu verbessern, die katastrophalen Folgen und Spätfolgen
des 2. Weltkriegs
gleichzeitig mit enormen Sozialleistungen der Betriebe. der
Kombinate und LPGs
(Bibliotheken, Theater, Chöre, Orchester, Kindergärten, Krippen,
Begabungsförderung,
Sport, Studiumsfinanzierung …) zu beseitigen, den explodierenden
Bedarf an Wohnraum
qualitativ zu bedienen und den Denkmalschutz zu gewährleisten.
Und dazu noch eine
riesige Armee und die auf waffentechnologisch höchste
Stand zu halten.
Die selbst zum
Großteil von der Nazi-Wehrmacht in verbrannte Erde verwandelte
UdSSR war nicht in
der Lage eine dem Marschallplan entsprechende “Entwicklungshilfe”
zu leisten. Im
Gegensatz zur Bundesrepublik wurde die spätere DDR zu umfassenden
Reparationsleistungen
herangezogen. Ich selbst wurde Zeuge der Demontage-
Arbeiten in
Sachsen-Anhalt .. wo selbst noch die ältesten Maschinen in die UdSSR
abtransportiert
wurden..
Schon die Einführung
der Westwährung (und damit die Teilung Deutschlands) und die
damit verbundene
gezielt betriebene Überschwemmung der sowjetischen Zone mit
entwerteter
Reichsmark sollte zu sozialen Unruhen führen, zur Verteuerung der
Grundnahrungsmittel,
die Aufrüstung der
Westmächte und der provokative Ausbau Westberlins
zum
Militärstützpunkt mitten in der sowjetischen Zone.
Projektionen? :
zwischen 1946 und 1956 gab es in den Westzonen und nach der Teilung
Deutschlands durch
die Westalliierten in der
Bundesrepublik zigtausende von Verhaftungen
von Kommunisten und
Sozialdemokraten, massenhafte Berufsverbote, Rentenaberkennungen,
unter anderem, weil
die Verhafteten über 15 Millionen Unterschriften
gegen die Teilung
Deutschlands gesammelt hatten. Verhaftet wurden massenweise
Frauen, die
Sonderzüge für Ferienreisen organisiert hatten: Kinder aus den zerbombten
und von Hunger
gezeichneten Industriezentren im Westen wurden zum Durchfüttern in
die Magdeburger
Börde und nach Mecklenburg-Vorpommern in die Getreidekammern
Deutschlands
verschickt. Ferien-Zeltlager.
Verhaftet wurden
massenweise Menschen, die den Schwur von Buchenwald ernst nahmen
und sich für den
Zusammenschluss der Arbeiterparteien SPD und KPD einsetzten,
um nicht noch
einmal den Fehler zu begehen statt die Nazis und das hinter ihnen stehende
und finanzierende
Kapital sich gegenseitig zu bekämpfen.
Gegen diese
McCarthy-Verfolgungsorgie waren dann die Berufsverbote der 60er und
70er und 80er Jahre
im Westen zwar schlimm genug (und ich kann da einige Lieder von
singen) aber im
Vergleich zu den Maßnahmen um das KPD-Verbot 1956 sind diese
Berufsverbote fast
harmlos. Da wurden Widerstandskämpfer gegen die NAZIS in den
gleichen
Folterkellern zusammengeprügelt in denen sie zwischen 33 und 45 von der
GESTAPO für die KZs
und das Strafbattaillion 999 “vorbehandelt” wurden.
Ich fordere Josef
Liefers wie Peter Sodann auf, sich wenigstens von den dreistesten
Teilen dieses
Filmes und besonders von seinem Nachspanns zu distanzieren, wo die
Frauenkirche und
deren Nichtwiederaufbau durch die DDR so ätzend “kritisiert” wird,
wo die Platte so
platt gegen die Altstadtviertel ausgespielt wird. Bei dem System der
Totrüstung war die
Rettung der Altstädte, der historisierende / historisch getreue Wiederaufbau
volkswirtschaftlich
unmöglich. Dass städtebauliche Totsünden begangen
wurden, dass
vermeintliche oder tatsächliche Symbole der Reaktion, der Nazi-Diktatur
gesprengt statt
erläuternd erhalten wurden, wie das Berliner Stadtschloss und die Leipziger
Universitätskirche
sind schwere Fehler und Kulturbarbarei.
Aber im “Turm”
werden daraus wohlfeile “Schuldabladeplätze” gemacht, für alle städtebaulichen
Verbrechen im
Westen, wo es volkswirtschaftlich spätestens seit Ende der
50er anders möglich
gewesen wäre.
“Schuldabladeplätze”
für die andauernden Einsätze der Bundeswehr in immer neuen
Kolonialkriegen,
“Schuldabladeplätze” für die Missbrauchs ”Kultur” und Folter in der
Bundeswehr … das
alles wird mit dem ”Turm” mental der NVA angelastet, da darf man
dann abends bei
Weinchen und Bierchen sein Mütchen kühlen und es den Drecksäcken
aus dem
Offiziers-Korps mal richtig zeigen… wo man beim Bund richtig mitgelaufen
und aus- und
einmarschiert ist, ohne das Maul dagegen aufzumachen.. so kostet es
ja nicht Mal einen
Tag Bau… MauerBau- TurmBau.
Ach ja Mauerbau,
Flugzeug-Bau, die legendären Flughelden und Tunnelgräber, 1960
brach in Madeburg
und Bitterfeld die Gesundheitsversorgung zusammen, Die Gynäkologie
musste schließen,
weil bis auf einen kleinen Rest alle auf Kosten der arbeitenden
Bevölkerung der DDR
ausgebildeten Fachärzte über die grüne Grenze in den Westen
abhauten.
Die aus Polen zu
Hilfe eilenden Ärzte haben mir später in Polen erklärt (viele gerade
aus der
Kriegsrechts-Haft unter Jaruselski notgedrungen entlassene
SOLIDARNOSCMitglieder),
sie hätten damals
wie heute vollste Verständnis für die Schließung der
DDR-Grenzen nach
Westen. Sie hielten dieses Schließung als “antifaschistischen,
antiimperialistischen
Schutzwall” zwar
für völlig lächerlich, aber als “Mittel gegen die räuberische
Abwanderung von
Fachkräften” für unbedingt erforderlich…”Diese Lumpen haben
auf Kosten der
Bevölkerung studiert und jetzt hauen sie für einen Judaslohn ab und
lassen ihre Leute
im Stich”
Ja, ja der Turm, da
war die DDR in einem Zweispalt: um von Ardenne mit seinem Wissenschaftler-
Forscher-Team zu
halten, bekamen die Privilegien auf Westniveau geboten
und das weckte
weitere Bedürfnisse in den benachbarten Bürgerhäusern. Einer der
Helden im Turm
wollte einfach Mal auch Halbgott in Weiß machen und etwas mehr
Tennisarm und
Steinreich werden. Der Porsche-Lenker für der Oberarzt, das war schon
die richtige
Anspielung. Und unten und weiter weg, da wollte man denn auch Mal
das bei Quelle und
bei Neckermann und bei Porst und im Kaufhof nicht nur im rumgereichten
West-versandten
Katalog ansehen, was man die Jahre so alles für Devisen
produzierte…
Und dann diese
tollen Abspannsprüche der Oberheldin ” Ja und das mit den eigenen
Staat, das ging ja
nun nicht”…. Warum ging es denn nicht ? Wohl weil die RAF den
Carsten Rohwedder
erschossen hat, der so was Ähnliches für die DDR wollte ? Nö, da
kommt dann nix
mehr, klar , die Anschluss-Engagements will man nicht riskieren…
Die ganze DDR platt
gemacht… blühende Landschaften. Rück gebaute Städte, Platz
für Manövergebiete,
Oderschwemmland, Tagebau … früher war es der Naturzerstörende
,
Kleinbauernfressende industrielle LPG-Wahn, heute sind es segensreiche
gigantische
Fleischfabriken,
endlose Energie-Mais-Ebenen und unendlicher VattenVerFall,
Veolia-Aktionärs-Versorgungsbetriebe
die auch Kernkraftwerke E-On-schalten. Frauen
strömen zurück in
KinderKücheKirche&HeimKino.
Neue Freiheit,
neues Glück
HUNGER und ELEND
sind zwei Dörfer im Harz, die Mehrheit der Übriggebliebenen
kriegt HARTZ4 und
als drittes Dorf im Bunde könnte jetzt ARGE dazukommen
Schuldbekenntnis II
oder Ein Sieg der Chaostheorie
Angestiftet von den
Alten
Vater, Mutter,
Schwestern, Brüder
letztere mit noch
nicht ausgeträumten Wehrwolfträumen
haben wir im zarten
Alter zwischen fünf und dreizehn Jahren
beim Onkel in der
DDR als Ferienkinder tagtäglich unsre Händchenvoll Kartoffelkäfer
in die Felder der
Genossen abenteuerlistig um uns blickend und
die Amihosen voller
Angst vorm bösen Russen durch die Kommunistenfurchen
kriechend zwischen
den Kartoffelstauden subversiv verteilt
Die LPG für uns ein
Sammelsurium von Tauge- und von Habenichtsen
und von -Gott sei
bei uns- Kommunisten
das war der Teufel
war der Feind der Unmensch und der Untermensch.
Wir bettelten mit
Unschuldsengelsaugen um eine Mitfahrt auf der Sämaschine.
Wir boten unsre
Hilfe an
Und die Genossen
hoben uns die kleinen Gäste aus dem Westen
freundlich lachend
und besorgt nicht ohne Stolz
verordnetes
Misstrauen missachtend auf ihr altersschwaches Ungetüm
der Marke Fortschritt.
Wir streuten
Unkrautsamen in das Saatgut.
Wir klauten Mais
nicht weil wir Hunger hatten
sondern für die
Freiheit und die Macht am Rhein.
Und ließen uns die
MTS-Mechaniker in ihrer Werkstatt die Traktoren inspizieren
warn unser zarten
Händchen noch zu schwach zum Schraubenlockern.
Wir waren
inspiriert durch die Plakate
die in den
Kindergärten, Schulen hingen,
die zeigten, wie
der Klassenfeind von Westen
per Flugzeug diesen
Staat der Arbeiter und Bauern
und seine junge
Saat durch abgeworfne Schädlinge
in die sieben
Plagen jagt.
Wir haben es gewagt
Wir haben in den
Kindergärten in den Schulen
mit unseren
Klamotten rumgeprahlt vor Kindern
deren Eltern den
letzten Krieg nicht allein verloren haben wollten.
Und Wir?
die Schulspeisung
war abgeschafft, die Care-Pakete leer gefressen
im Westen nix zu
beißen für zu viele Kinder
statt Fahne jetzt
die Nase hoch
wir haben uns in
unsre leeren Amihosen Oststullen füttern lassen
und mit vollen
Kinderpausebäckchen gegen diesen Staat gehetzt
Und jetzt ist er am
Ende
Ein bisschen kam
die Wende
durch zigtausend
solcher Kinder und auch durch meine Hände