Der
Kriegshetzer am DLF-Mikrofon
Von Volker Bräutigam, 31. 10.
2014
Der Deutschlandfunk - genauer: das Deutschlandradio
- bemüht sich, obwohl öffentlich-rechtlicher Gebührenempfänger und damit
eigentlich zur Staatsferne verpflichtet, die Erwartungen zu erfüllen, die
unsere Berliner US-Lakaien in ihren hörigen AgitProp-Sender setzen. Einige
seiner Programmlieferungen sollte das Deutschlandradio allerdings, weil
maßlose Übertreibung immer lächerlich wirkt, ans Kabarett abgeben oder besser
gleich auf einer Sonderdeponie entsorgen.Besonders, wenn von Rolf Clement
geliefert, Mitglied der DLF-Chefredaktion, „sicherheitspolitischer Experte“ des
DLF, Reserveoffizier, Mitglied des Internationalen Instituts für strategische
Studien (IISS), der Studiengruppe Sicherheitspolitik bei der Deutschen
Gesellschaft für Auswärtige Politik, DGAP, sowie des Beirats für Innere Führung
der Bundeswehr.Wer auf so vielen Hochzeiten tanzt, dem kann schon mal
durcheinandergeraten, in welcher Eigenschaft er sich jeweils darzubieten hat,
ob Dinnerjackett oder Kleiner Dienstanzug gefragt sind. In der Rolle der
NATO-Stimmungskanone des Deutschlandfunks überzeugt Clement allerdings
immer. Er gilt als CDU-Intimus und darf deshalb beim Deutschlandradio
die Abteilung ‚Hintergrund’ leiten und die Sendereihe ‚Hintergrund Politik’
dirigieren.
Fatal aber ist, dass er seine Kommentare unter
„Stahlhelm auf!“ zu schreiben pflegt, und zwar bei dermaßen stramm angezogenem
Kinnriemen, dass die Blutzufuhr ins Resthirn stockt und damit die Fähigkeit,
zwischen Wahn und Wirklichkeit zu unterscheiden. Desaströse Kollateralschäden
entstehen auch an der gedanklichen und sprachlichen Logik.
In den 08.00-Uhr-Nachrichten meldete
Deutschlandradio am 30. Oktober unter dem Titel
„NATO: Ungewöhnlich viele russische
Luftmanöver" relativ sachlich:
„Die russische Armee hat nach Angaben der NATO in
den vergangenen Tagen ungewöhnlich viele Manöver im europäischen Luftraum
geflogen. Ein NATO-Sprecher sagte im belgischen Mons, man habe mindestens 26
russische Langstreckenbomber und andere Militärflugzeuge über der Nord- und
Ostsee sowie über dem Atlantik und dem Schwarzen Meer identifiziert. Daraufhin
seien unter anderem deutsche, britische und türkische Kampfjets im Einsatz
gewesen. Die NATO betonte, der Luftraum des Verteidigungsbündnisses sei nicht
verletzt worden. Die Manöver gefährdeten aber die zivile Luftfahrt, da die
russische Seite weder Flugpläne eingereicht noch zivile Fluglotsen kontaktiert
habe.“
Jetzt aber: Alaaaarm! In Deckung! Clement eröffnet
das Kommentarfeuer:
„28 russische Kampfflugzeuge haben gestern und
vorgestern den Luftraum europäischer Staaten verletzt. Eine solche umfangreiche
Verletzung sprengt alles, was die NATO bisher erlebt hat.“...
Wie, was? Hatte die NATO nicht gerade vorher
betont, es habe k e i n e Luftraumverletzungen gegeben?
... „Zwei Gruppen von Kampfflugzeugen flogen
gestern in den Luftraum ein.“ ...
Fliegende Flieger fliegen im Luftraum.
... „Der spektakulärste Fall war der Flug von acht
Kampfflugzeugen der Russen gestern Nachmittag über der Nordsee. Sie wurden von
vier Tankflugzeugen begleitet, eindeutiges Indiz dafür, dass es kein Versehen,
sondern geplante Absicht war.“ ...Eindeutiges Indiz für ‚geplante Absicht.’ Die
russischen Russen fliegen im internationalen Luftraum rum, ohne den
DLF-Chefredakteur Clement gefragt zu haben.
... „Die Reise von zwei Flugzeugen ging bis in den
Luftraum westlich von Portugal. Die Flugzeuge drehten dann über eine Route
westlich von Großbritannien nach Russland zurück ab. Norwegische und britische
Abfangjäger haben sie begleitet und letztlich wieder nach Russland abgedrängt.“
Der internationale Luftraum hat nun mal die
Angewohnheit, jedem, sogar dem russischen Russen, offen zu stehen. Die
Abfangjäger der Guten, also Briten und Norweger, haben „Husch, husch ins
Körbchen“ gesagt? Und Clement hat mitgehört? Es war wohl eher so, dass die
NATO-Flieger im internationalen Luftraum unzulässigerweise ‚Jetzt ärgern wir
den Russen’ gespielt haben.
... „Ebenfalls gestern flogen sieben russische
Kampfflugzeuge in den Luftraum der baltischen Staaten. Dort hatten gerade
portugiesische Abfangjäger der NATO Dienst und haben sie entsprechend
begleitet.“ ...
D e n Luftraum der baltischen Staaten gibt es zwar
nicht, sondern nur die nationalen Lufträume Litauens, Lettlands bzw. Estlands.
Protest wegen Luftraumverletzung hat keines der Länder erhoben. Da war wohl
nix.
... „Über dem Schwarzen Meer wurden vier russische
Kampfflugzeuge registriert“...
Ist doch nicht die Möglichkeit! Wo doch dort
vierhundert US-Marineflieger und Düsenjäger der NATO allen Platz über dem
russischen ‚mare nostrum’ brauchen!
„... Vorgestern waren sieben russische
Kampfflugzeuge über der Baltischen See aufgetaucht...“
Ihre „Baltische See“, Herr Chefredakteur, heißt auf
Englisch ‚Baltic Sea’, auf Deutsch aber immer noch Ostsee. Ein Weltmeer mit
größtenteils internationalem, nicht baltischem Luftraum.
... „Seit Monaten stellt die NATO fest, dass immer
wieder russische Kampfflugzeuge den nordeuropäischen Luftraum verletzen.“ ...
Nochmals: Nur nationalen Luftraum kann jemand
verletzen. Der nordeuropäische Luftraum ist in die nationalen Lufträume der
nordeuropäischen Staaten unterteilt. Russlands Nordgrenze bis zum Ural ist
ebenfalls nordeuropäisch.
... „Die russischen Flugzeuge nehmen keinen Kontakt
zur Flugkontrolle der westeuropäischen Staaten auf, sodass sie, so die NATO,
auch eine Gefahr für den zivilen Luftverkehr darstellen....“
Die Luftwaffen der meisten Länder haben eigene
militärische Fluglotsen, die sicherstellen, dass es am Himmel nicht zu gefährlichen
Begegnungen mit zivilen Maschinen kommt. Clement dramatisiert und beruft sich
dabei auf die NATO. Und giftet jetzt suggestiv (und im Sinne seiner
Auftraggeber):
... „Noch hat die NATO diese Maschinen nicht
abgeschossen, sondern eskortiert und abgedrängt. Wie lange die Allianz das aber
so gestalten wird, ist offen. Denn die hier eklatante Verletzung des Luftraums
würde auch schärfere Maßnahmen erlauben.“ ...
Clements feuchte Träume: Seit 5 Uhr 45 wird jetzt
zurückgeschossen ---
... „Es übersteigt die bisherige Taktik der
Nadelstiche. ... “ ...
‚Eskalation der Sicherheitslage?’ Für den
Eskalierer Clement ist es offenbar an der Zeit, dass die NATO russische
Flugzeuge im internationalen Luftraum abschießt und eine Flugverbotszone
unmittelbar an der russischen Grenze errichtet, bewacht von der US-Air-Force
und ihren willigen Vasallen. Weil nur diese Allianz dem Schutz der
Menschenrechte dient, der Demokratie und der Friedenssicherung, gelle?
Genuinen Schwachsinn darf man einem
DLF-Chefredakteur nicht unterstellen. Clement war immerhin abgebrochner
Jurastudent, bevor er im Journalismus dilettierte. Kein Schmuckstück meines
Berufsstands, aber ein Segen fürs bundesdeutsche Justizwesen. Man stelle sich
vor, der Clement hätte es zum Richter oder Staatsanwalt gebracht. ...