Iran
Botschaft Imam Chamene'is an die Jugend im
Westen
von Yavuz Özoguz , 22.01.2015
Da meine Wenigkeit die folgende Botschaft als
sensationell und historisch enorm bedeutsam einstuft, wird sie hier noch einmal
on voller Länger wiedergegeben. Es ist meines Wissens das erste Mal, dass sich
Imam Chamene'i direkt an die Jugend Europas bzw. des Westens wendet.
Botschaft des Oberhauptes der Islamischen Revolution Irans an alle jungen
Menschen in Europa und Nordamerika!
Im Namen Gottes, des Allerbarmers, des Barmherzigen
Die jüngsten Ereignisse in Frankreich und ähnliche Vorfälle in einigen anderen
westlichen Ländern haben mich dazu veranlasst, Euch direkt diesbezüglich
anzusprechen. Ich wende mich an Euch, junge Menschen, nicht um Eure Eltern
außer Acht zu lassen, sondern deshalb, weil ich die Zukunft Eures Volkes und
Eurer Heimat in Euren Händen sehe, und weil ich in Euren Herzen ein vitaleres
und sensibleres Verlangen nach der Wahrheit sehe. Mit diesen Zeilen wende ich
mich auch nicht an Eure Politiker und Regierungsverantwortlichen, denn ich bin
mir sicher, dass sie bewusst den Weg der Politik von dem Weg der Aufrichtigkeit
und Rechtschaffenheit getrennt haben.
Ich spreche zu Euch über den Islam und insbesondere über das Bild, das Euch vom
Islam vermittelt wurde. Seit zwei Jahrzehnten, d.h. ungefähr nach dem Zerfall
der Sowjetunion, hat es zahlreiche Versuche gegeben, diese großartige Religion
als einen beängstigenden Feind darzustellen. Die Heraufbeschwörung von Angst
und Ablehnung und deren Missbrauch haben bedauerlicherweise eine lange
Vergangenheit in der politischen Geschichte des Westens. Ich möchte hier nicht
auf die verschiedenen Ängste eingehen, die bislang den westlichen Völkern
eingeflößt worden sind. Ihr selber könnt mit einem kurzen Blick auf die
jüngsten kritischen Geschichtsstudien erkennen, dass in der neuen
Geschichtsschreibung das unaufrichtige und betrügerische Verhalten westlicher
Staaten gegenüber anderen Völkern und Kulturen auf der Welt gerügt worden ist.
Die Geschichte Europas und Amerikas schämt sich wegen dem Sklaventum. Sie
schaut verlegen wegen der Kolonialzeit und wegen dem Unrecht an Farbigen und
Nicht-Christen zu Boden. Eure Forscher und Historiker erklären aufrichtig, dass
sie sich wegen des Blutvergießens schämen, welches im Namen der Religion
zwischen Katholiken und Protestanten oder im Namen der Nationalität und der
Volkszugehörigkeit im Ersten und Zweiten Weltkrieg angerichtet wurde.
Dieses Geständnis verdient von Natur aus Anerkennung. Ich will auch gar nicht
die Geschichte tadeln, wenn ich einen Ausschnitt aus dieser langen Liste nenne,
sondern ich möchte, dass Ihr Eure Intellektuellen fragt, warum das kollektive
Gewissen im Westen immer erst mit einer Verzögerung von mehreren Jahrzehnten
und manchmal mehreren Jahrhunderten aufwacht. Warum ist die Korrektur des
kollektiven Gewissens immer auf die weit zurückliegende Vergangenheit gerichtet
und nicht auf die aktuellen Probleme? Warum wird in wichtigen Dingen wie der
Begegnung mit der islamischen Kultur und Denkweise eine umfassende Aufklärung
verhindert?
Ihr wisst ja, dass Hervorrufung von Hass und fiktiver Angst gegenüber
„Anderem" die Grundlage für alle ungerechten Bestrebungen nach Profit und
Vorteilen ist. Nun möchte ich, dass Ihr Euch selber fragt, warum diesmal die
alte Politik der Angstmacherei und Verbreitung von Hass in einem derartig
beispiellosen Ausmaß den Islam und die Muslime ins Visier genommen hat?
Warum ist das internationale Machtsystem von heute bestrebt, das islamische
Denken an den Rand und in die Passivität zu drängen? Welche Sinngebungen und
Werte gibt es denn beim Islam, die dem Konzept der Großmächte passt, und wem
nutzt es, wenn der Islam falsch dargestellt wird? Meine erste Bitte lautet
daher, dass Ihr nach den Motiven dieser groß angelegten Schwarzmalerei über den
Islam forscht.
Meine zweite Bitte ist die, dass Ihr gegenüber der Flut von Vorurteilen und
Hetzpropaganda, versucht, Euch direkt und unmittelbar mit dieser Religion
vertraut zu machen. Der gesunde Verstand empfiehlt, dass Ihr zumindest wisst,
wovor Ihr flieht und Euch fürchtet und von welcher Beschaffenheit es ist. Ich
bestehe nicht darauf, dass Ihr meine oder irgendeine andere Deutung des Islams
akzeptiert. Ich sage nur: Lasst nicht zu, dass Euch, ausgehend von böswilligen
und schmutzigen Motiven, diese lebendige und die heutige Welt beeinflussende
Wahrheit präsentiert wird. Gestattet nicht, dass sie Euch heuchlerisch die
Terroristen, die sie selber angeheuert haben, als Repräsentanten des Islams vorstellen.
Lernt den Islam über die echten Quellen und zwar aus erster Hand kennen. Werdet
mit dem Islam durch den Koran und die Biografie ihres großen Propheten
vertraut.
Ich möchte Euch an dieser Stelle gerne fragen, ob Ihr Euch bislang schon direkt
an den Koran der Muslime gewandt habt? Habt Ihr die Verhaltensweise des
Propheten des Islams und seine menschlichen und moralischen Lehren studiert?
Habt Ihr bislang außer über die Medien auch aus anderen Quellen über die
Botschaft des Islams erfahren? Habt Ihr Euch jemals gefragt, wie und aufgrund
welcher Werte dieser Islam mehrere Jahrhunderte hintereinander die größte
wissenschaftliche und geistige Zivilisation der Welt hervorbrachte und die
besten Gelehrten und Denker erzog?
Ich bitte Euch, nicht zuzulassen, dass sie durch abwertende und
undifferenzierte Bilder zwischen Euch und der Wahrheit eine gefühlsgeladene
Trennmauer errichten und Euch die Möglichkeit rauben, sich unvoreingenommen ein
Urteil zu bilden.
In unserer Zeit, in der die Kommunikationsmittel die geografischen Grenzen
überwunden haben, solltet Ihr nicht zulassen, dass man Euch in künstlichen
geistigen Grenzen einsperrt. Auch wenn kein Einzelner die entstandene Kluft
ausfüllen kann, so kann doch jeder von Euch für die eigene Erkenntnis und die Aufklärung
seiner Umgebung eine Brücke des Denkens und der Gerechtigkeit über dieser Kluft
errichten.
Dieser bewusst vorausgeplante Konflikt zwischen dem Islam und Euch jungen
Menschen, ist nicht angenehm, aber er kann Eurem wissbegierigen und suchenden
Geist neue Denkanstöße geben. Durch Bemühung um eine Antwort auf diese Fragen
tut sich vor Euch eine wertvolle Gelegenheit zur Entdeckung neuer Wahrheiten
auf. Deshalb lasst diese Gelegenheit für das richtige und vorurteilsfreie
Islamverständnis nicht aus der Hand gleiten. Vielleicht werden die kommenden
Generationen dann dank Eures Verantwortungsbewusstseins gegenüber der Wahrheit
weniger beschämt und mit einem ruhigeren Gewissen über diesen Abschnitt der
Geschichte der Beziehungen des Westens zum Islam schreiben können.
Seyyed Ali Khamenei
21. Januar 2015