Der Gangster, der die US-Republikaner kaufte

von F. William Engdahl

 

VOLTAIRE NETZWERK | FRANKFURT AM MAIN (DEUTSCHLAND) | 9. MAI 2014 

 

Seit George W. Bush 2001 als neuer Präsident ins Weiße Haus einzog, hat sich die US-Politik auf nationaler Ebene grundlegend verändert. In den vergangenen rund 13 Jahren wurden die wichtigsten Republikaner, die eine Sperrminorität, manchmal auch eine Mehrheit, gegen wichtige politische Initiativen des demokratischen Präsidenten Obama bilden, buchstäblich von einem Gangster gekauft, der sich offen mit seiner finanziellen Freigebigkeit brüstet. Sein Name ist Sheldon Adelson, außerhalb Washingtons hat kaum jemand von ihm gehört. Doch die Zeitschrift Forbes listet ihn als drittreichsten Amerikaner, einen Multimilliardär, dessen Vermögen auf atemberaubende 37 Milliarden Dollar (27 Milliarden Euro) geschätzt wird.

In dem Verfahren Citizens United vs. Federal Election Commission setzte die sehr konservative Mehrheit des Supreme Court [Oberster Gerichtshof] der USA im Januar 2010 ein fast 100 Jahre altes Gesetz außer Kraft, durch das die Höhe der Gelder, die Großunternehmen oder Privatpersonen zur Beeinflussung der US-Politik ausgeben durften, begrenzt worden war. Das Gericht gab damit Großspendern die Freiheit, praktisch unbegrenzt zu spenden.

Zu denen, die von der Möglichkeit, die dieses Urteil bot, Gebrauch machten, zählte Sheldon Adelson. Als erstes spendete er mehrere Millionen Dollar zur Finanzierung des rechtsgerichteten proisraelischen ehemaligen Senators Newt Gingrich für dessen Bewerbung als Präsidentschaftskandidat der Republikaner. Als das scheiterte, gab er schätzungsweise 80 Millionen Dollar, vielleicht sogar mehr, an Mitt Romney, einen verheerenden Kandidaten, der vor Netanjahu katzbuckelte und zum Krieg gegen den Iran aufrief – ein Lieblingsthema Adelsons, der erst kürzlich forderte, eine Atombombe auf den Iran zu werfen.

Bei einem Treffen mit jüdischen Organisationen in New York, unmittelbar nach der Wahl von 2012, beschuldigte der ehemalige israelische Ministerpräsident Ehud Olmert Netanjahu, sich offen zugunsten des republikanischen Kandidaten Mitt Romney einzumischen, und zwar sowohl persönlich als auch über seinen finanziellen Förderer, Sheldon Adelson.

Die Verbindung Adelson-Netanjahu

Adelson, der in Boston geboren wurde, entstammt einer jüdischen Familie und besitzt neben dem US-amerikanischen auch einen israelischen Pass. Er zählt zu den engsten Freunden und wichtigsten finanziellen Förderern des israelischen Ministerpräsidenten Bibi Netanjahu. Tatsächlich deutet alles darauf hin, dass Adelson die Organized-Crime-Verbindung zwischen Netanjahus rechtsgerichteter Likud-Partei und der Kontrolle über die Politik in Washington darstellt, und zwar sowohl über direktes Geld als auch über Adelsons finanzielle Unterstützung für AIPAC, das einflussreichste politische Aktionskomitee in Washington – das American Israel Public Affairs Committee.

Adelson hat versprochen, »koste es, was es wolle« zu bezahlen, um den nächsten republikanischen Präsidenten 2016 zu kaufen. Er unterstützt rechtsextreme und proisraelische Kandidaten wie die republikanischen Senatoren Ted Cruz und John McCain, jenen Hardliner, der bei dem neokonservativen Putsch in der Ukraine Anfang des Jahres eine maßgebliche Rolle spielte. Anfang April lud Adelson die vier führenden Kandidaten der Republikaner für 2016 in sein Kasino-Hotel in Las Vegas ein, um ihre Ansichten zu hören und zu entscheiden, wo er seine Millionen zum Kauf des nächsten US-Präsidenten investiert. Wie der israelische Journalist Uri Avnery berichtet, wurde Adelson von israelischen Bodyguards begleitet.

Vorwurf der Geldwäsche

Adelsons Milliarden stammen aus dem Besitz von Spielkasinos in Las Vegas und Macao, einer ehemals portugiesischen, heute zu China gehörenden Insel vor Hongkong. Es ist allgemein bekannt, dass der Hauptzweck von Spielkasinos darin besteht, für das organisierte Verbrechen große Geldsummen zu waschen. Offenbar benutzt er diese Gelder, um sowohl in Israel als auch in den USA Politiker zu kaufen, die seine rechtsgerichteten, kriegsbejahenden Pläne unterstützen.

Jetzt allerdings könnte Adelson erheblicher Ärger drohen. Wie der ehemalige CIA-Agent und Whistleblower Gene »Chip« Tatum unter Berufung auf Quellen im US-Justizministerium meldet, droht Adelson die Festnahme wegen Geldwäsche in Höhe von rund 364 Millionen Dollar, von denen ein Großteil angeblich in den Kauf der Stimmen republikanischer Abgeordneter im US-Kongress und in die Unterstützung von AIPAC, der einflussreichsten Lobby der israelischen Likud-Partei, floss.

Laut Tatum bereitet eine so genannte Grand Jury eine Anklage gegen Adelson vor. Ihm werde eine ganze Liste von Vergehen zur Last gelegt, darunter Geldwäsche, Missbrauch von Telefon- und Postdiensten für kriminelle Zwecke und Verschwörung. Adelsons Partner ist bereits in Haft.

Wenn der Geldstrom von Adelson in die US-Politik unterbrochen wird, könnte dies dramatische Folgen für die amerikanische Außenpolitik haben. Bleiben Sie dran, liebe Leser.

F. William Engdahl

F. William Engdahl

Journalist der Vereinigten Staaten, Spezialist der energetischen und geopolitischen Fragen.