Moldawien: Parlamentsneuwahlen am 21. November 2010

 

In der Republik Moldawien fand am Sonntag, den 5. September ein Referendum zu der Frage statt, ob  der Präsident des Landes  in Zukunft durch eine Volkswahl ermittelt  oder wie es die noch gültige moldawische Verfassung vorschreibt, weiter durch das Parlament mit mindestens Dreifünftelmehrheit gewählt werden soll. Da die Stimmbeteiligung nur bei knapp 30 % der rund zweieinhalb Millionen wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger lag, wurde die erforderliche Mindestbeteiligung des Referendums nicht erreicht. Damit war die Wahl ungültig.  Der Versuch der Vierparteienkoalition „Allianz für europäische Integration“, die Wahl des Staatspräsidenten unter Umgehung der Verfassung in einer Direktwahl durch das Volk, von der man sich gute Manipulierungsmöglichkeiten erhoffte, durchzusetzen, ist somit gescheitert. Die im moldawischen Parlament mit einer Mehrheit von 48 Abgeordneten von insgesamt 101 Abgeordneten vertretenen Kommunisten hatten sich gegen das Referendum gestellt und dazu aufgerufen, den Urnengang zu boykottieren.

 

Die moldawische Verfassung schreibt vor, dass, wenn es nicht gelingt, einen Staatspräsidenten mit Dreifünftelmehrheit im Parlament zu wählen, unverzüglich Neuwahlen auszuschreiben sind. Vor über anderthalb Jahren seit April 2009  scheiterte die Wahl eines neuen Präsidenten an der nicht zustande gekommenen Dreifünftelmehrheit von mindestens 61 Stimmen. Die Kommunisten verfügten nach den Aprilwahlen 2009 noch über eine absolute Mehrheit von 60 Stimmen. Damit konnten sie aber dennoch keinen neuen Präsidenten durchbringen.  Nach den verfassungsmäßig angesetzten Neuwahlen vom Juli 2009 verfügten sie nur noch über 48 Abgeordnetenstimmen, hatten also die absolute Stimmenmehrheit verloren. Die Viererkoalition, deren vier Parteien: die Liberaldemokratische Partei unter  Führung von Vlad Filat mit 18 Abgeordnetenmandaten, die Liberale Partei unter Führung von Mihai Ghimpu mit 15 Abgeordnetenmandaten, die Demokratische Partei unter Führung von Mariam Lupu mit 13 Abgeordnetenmandaten und die Allianz „Unser Moldawien“ unter Führung von Serafim Urechean mit 7 Abgeordnetenmandaten, die nun zusammen 53 Abgeordnete ins  Parlament bringen konnten,  war aber ebenfalls außerstande, eine Mehrheit von mindestens 61 Stimmen für die Wahl des Staatsoberhaupts zu erreichen.

Fast anderthalb Jahre fungiert seitdem der provisorische Parlamentsvorsitzende Mihai Ghimpu als Interimspräsident. Er hätte sich gerne in einer manipulierten Volksabstimmung als Staatsoberhaupt bestätigen lassen, nachdem er schon verfassungswidrig als Interimspräsident über die laut Verfassung zulässige Zeit von zwei Monaten hinaus amtiert. Nach dem Scheitern des Referendums lag es durchaus auch in seiner Absicht,  den verfassungswidrigen Zustand weiter so schleifen lassen. Aber nunmehr machten außer den Kommunisten, insbesondere Mariam Lupu, der Führer der Demokratischen Partei, nicht mehr mit. Mariam Lupu  bestand auf der Einhaltung der Verfassung, zumal er sich von Mihai Ghimpu schon seit längerer Zeit ausgebootet fühlte. In dem ursprünglichen Abkommen über die Bildung der Viererkoalition war nämlich vorgesehen gewesen, dass Mariam Lupu das Amt des moldawischen Präsidenten erhält.

Mariam Lupu verspricht sich von Neuwahlen einen Wahlsieg. Der vierte im Bunde der Allianz für europäische Integration, Serafim Urechean, der Führer der Allianz „Unser Moldawien“, verspricht sich von Neuwahlen eine  höhere Abgeordnetenanzahl. Serafim Urechean wurde  in der Allianz für Europäische Koalition nur mit dem Posten des Stellvertretenden Parlamentsvorsitzenden abgespeist. Er darf den Parlamentsvorsitzenden Ghimpu derzeit vertreten. Einen Posten des Vizeparlamentsvorsitzenden hatte man gnädigerweise auch der mit 48 Sitzen stärksten Fraktion im Parlament, der Kommunistischen Partei, zugestanden.

 

Mariam Lupu sprach sich bei den Neuwahlen am  21. November zudem dafür aus, dass jede Partei der Viererkoalition getrennt zur Wahl antritt, also kein Wahlblock gebildet wird.  Auch das war eine Niederlage für die beiden Liberalen Mihai Ghimpu  und Vlad Filat.

So mussten  Mihai Ghimpu, der Interimspräsident des Landes, und Vlad Filat, der als provisorischer Ministerpräsident fungiert, zustimmen, dass  nun an 21. November 2010 die längst überfälligen Parlamentsneuwahlen stattfinden.

In Moldawien wird befürchtet, dass Mihai Ghimpiu als auch Vlad Filat ihre Funktionen als Interimspräsident und Ministerpräsident dafür nutzen, die Wahlen am 21. November massiv zu ihren Gunsten zu manipulieren. Alle demokratischen Kräfte Moldawiens rufen deswegen dazu auf, nicht nur einen fairen Wahlkampf mit Chancengleichheit für alle Teilnehmer  zu führen, sondern jeglichen Versuchen der Wahlmanipulation und insbesondere Fälschungen des Wählerwillens entgegenzutreten.

 

Quellen: www.moldova.md/md/newslst/1211/1/3502/;

www.moldova.md/md/newslst/1211/1/3498/

 

Dr. Hans-Jürgen Falkenhagen und Brigitte Queck