Französischer Geheimdienst: Russland plante nie
eine Invasion in der Ukraine
vom 12. 04.2015
Der Chef des französischen Militär-Geheimdienstes
hat die US-Dominanz der Nato in Fragen der militärischen Aufklärung kritisiert:
Die französischen Dienste hätten zu keinem Zeitpunkt Anzeichen einer geplanten
russischen Invasion in der Ukraine gehabt. Doch die französischen Erkenntnisse
wurden von den Amerikanern nicht berücksichtigt.
Der Chef des französischen Militär-Geheimdienstes
(Directorate du renseignement militaire, DRM), General Christophe Gomart, hat
vor dem Verteidigungsausschuss der französischen Nationalversammlung ausgesagt,
dass die französischen Geheimdienste vor der Eskalation der Ukraine-Krise mit
Russland keinerlei Anzeichen ausgemacht hätten, denen zufolge Russland eine
militärische Operation auf dem Boden der Ukraine geplant hätte.
Gomart sagte am 25. März 2015 laut offiziellem Protokoll des Ausschusses auf eine Frage des Abgeordneten Frédéric Lefebvre,
man unterhalte ein exzellentes Verhältnis zum Nato-Oberkommando in Norfolk.
Doch in der Ukraine-Krise scheint es zu gravierenden Meinungsverschiedenheiten
zwischen den US-Geheimdiensten und ihren europäischen Partnern gekommen zu
sein.
Gomart sagte wörtlich:
„Die wirkliche Schwierigkeit mit der Nato ist die
Tatsache, dass die US-Geheimdienste dominieren, während die französischen
Erkenntnisse nur gelegentlich in Betracht gezogen werden. Deshalb ist es für
uns wichtig, ausreichende Nato-Kommandanten französischer Herkunft zu ernennen.
Die Nato hat bekanntgegeben, dass die Russen eine Invasion in die Ukraine
vorbereiten.
Doch den Erkenntnissen des DRM konnte diese Behauptung
nicht aufrechterhalten werden.
Tatsächlich haben wir festgestellt, dass die Russen weder Kommando-Stände
eingerichtet noch logistische Maßnahmen ergriffen haben, wie etwa die
Errichtung von Feld-Lazaretten. Es gab keine Aktivitäten, die man zur Vorbereitung
einer militärischen Invasion hätte treffen müssen. Auf der zweiten
Befehlsebene gab es keine entsprechenden Veranlassungen. In der Folge hat sich
gezeigt, dass wir mit unseren Annahmen richtig lagen. Die russischen Soldaten,
die in der Ukraine tatsächlich gesehen wurden, haben eher so agiert, als würden
sie ein Manöver durchführen, um Druck auf den ukrainischen Präsidenten
Pororschenko aufzubauen, als dass es sich um eine bevorstehende Invasion
gehandelt hätte.“
Mit dieser Aussage, die im Ausschuss erstaunlicher
Weise nicht weiter diskutiert wurde, widerspricht der französische General
der offiziellen Nato-Doktrin, wonach Russland massive Vorbereitungen
getroffen habe, um in der Ukraine einzumarschieren.
Gomart ist ein erfahrener
Offizier der französischen Armee wurde
erst im Jahr 2013 zum Chef des militärischen Geheimdienstes ernannt.
Seine Aussagen decken sich mit der Kritik von
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier, der sich über Nato-Oberbefehlshaber Philip
Breedlove wegen offenkundiger Unterschiede in den geheimdienstlichen
Erkenntnissen über die Lage in der Ukraine beschwert hatte. Der US-General
habe nach Ansicht der Regierung die militärische Rolle Russlands seit Beginn
der Krise übertrieben dargestellt, berichtete der Spiegel vor einigen
Wochen. Demnach sprach das Kanzleramt von „gefährlicher Propaganda“, während
Außenminister Frank-Walter Steinmeier bei Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg
intervenierte.
Steinmeier sagte, es habe keine Intervention,
sondern nur Nachfragen gegeben. „Wahr ist, dass ich selbst zweimal habe
nachfragen lassen in Situationen, in denen unsere Auskünfte, die wir aus
unseren Quellen hatten, nicht völlig übereinstimmten mit Auskünften, die
entweder von Nato oder amerikanischer Seite kamen.“ Die Bundesregierung
habe kein Interesse daran, dass daraus Zwist entstehe. Er sei im engen
Austausch mit US-Außenminister John Kerry, damit solche Differenzen nicht
zustande kämen. Die Vorfälle lägen lange zurück und seien durch aktuelle
Entwicklungen überholt worden.
Die Amerikaner vertreten innerhalb der Nato die
Auffassung, dass die Spannungen in Ost-Europa eine direkte Bedrohung der
US-Sicherheitsinteressen darstellen, weshalb die USA alle Maßnahmen
ergreifen werden, um auf die Bedrohungen zu antworten – „bilateral mit
europäischen Staaten oder im Rahmen der Nato“.
Breedlove hatte zuletzt am 25. Februar gesagt,
dass die Situation in der Ostukraine von Tag zu Tag schlimmer werde. Am selben
Tag meldete sogar die nicht gerade zur Untertreibung neigende ukrainische
Armee-Führung, dass erstmals seit Wochen keiner ihrer Soldaten in der Ostukraine
getötet worden sei und die Zahl der Verstöße gegen die in Minsk vereinbarte
Feuerpause deutlich abgenommen habe.
In der EU wächst der Widerstand gegen die
Eskalation im Verhältnis gegen Russland, wie sie von Falken den USA betrieben
wird (siehe dazu den berüchtigten Vordenker
Zbigniew Brzeziński). Italien und Griechenland wollen aus der Sanktionsspirale aussteigen, weil
ihr eigene Wirtschaft Schaden nimmt. Frankreich muss gerettet werden, weil die
Koalition aus Konservativen und Sozialdemokraten einen Sieg des Front National um jeden Preis
verhindern muss, um die Euro-Zone nicht
substantiell zu gefährden. Dass die offizielle Nato-Version über die Ukraine
nun ausgerechnet von Frankreich als unrichtig bezeichnet wird, entbehrt in
diesem Zusammenhang nicht einer gewissen Delikatesse.
US-Präsident Barack Obama hat vor einigen
Wochen überraschend zum Rückzug geblasen und die die Entsendung von US-Soldaten in die
Ukraine vorläufig gestoppt. Die Nato hatte angekündigt, ab März die Ausbildung
der ukrainischen Armee in teilen übernehmen zu wollen. Im Zuge dieser Ausbildung werden auch die
rechtsextremen Milizen in der Ukraine von den Amerikanern ausgebildet. Sie sollen in die reguläre ukrainische Armee
integriert werden, dürfen aber weiter autonom agieren. Die Rechtsextremen lehnen das Minsker
Abkommen ab.
Die Ukraine hat im Assoziierungsabkommen mit der EU
auch die Annäherung an die Nato festgeschrieben. Dies war
einer der Punkte, warum die Russen gegen das Abkommen waren. Das Abkommen ist
mittlerweile unterzeichnet, die Ukraine und die USA haben die entsprechenden
Gesetze unterzeichnet, auf deren Grundlage die Ukraine bis 2020 alle
Nato-Standards zu erfüllen hat.
Die Nato hält in ihrer Kommunikationslinie weiter
Kurs: Russland
verstoße gegen das Waffenstillstandsabkommen für die Ostukraine, meldet die
FAZ unter Berufung auf anonyme Nato-Kreise: „Wir sehen weiterhin
russische Unterstützung für die Separatisten – durch Ausrüstung, Truppen und
Training. Russland bewegt Truppen und Ausrüstung immer noch hin und her über
die offene Grenze zur Ukraine.“ Zur Ausrüstung
gehörten Kampfpanzer, gepanzerte Fahrzeuge, Artillerie und
Luftverteidigungssysteme.
Die Nato habe hervorgehoben, dass auch moderne
Kampfpanzer zum Einsatz kämen, referiert die FAZ. Gemeint seien die Modelle
T-80 und T-90. Im Widerspruch zu den Minsker Vereinbarungen vom 12. Februar
verfügten die Rebellen nun über mehr russische Waffen als zuvor.
Assemblée nationale
Commission de la défense nationale et des forces
armées
Présidence de Mme Patricia Adam, présidente
Audition du général Christophe Gomart, directeur du
renseignement militaire, sur le projet de loi relatif au renseignement
Quelle 1 : URL: http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/04/12/franzoesischer-geheimdienst-russland-plante-nie-eine-invasion-in-der-ukraine/
Quelle 2 : URL: http://www.assemblee-nationale.fr/14/cr-cdef/14-15/c1415049.asp#